J. Leo van Hemmen

Prof. Dr. habil.

Ehemaliger Ordinarius für Theoretische Biophysik
TUM School of Natural Sciences

geb. 09.05.1947

lvh(at)tum.de

CV

Professor van Hemmens Forschungsgebiet ist die zellulare theoretische Biophysik, sowohl die theoretische Membranphysik als auch die der neuronalen Informationsverarbeitung verschiedener Sinnesorgane. Darunter fällt insbesondere die Mechanosensorik und damit einhergehend Forschungen zur u. A. Schallortung der Schleiereule, der Beuteortung des Wüstenskorpions, der Lokalisierung und neuronalen Kartenbildung aquatischer Objekte über die Seitenlinie von Krallenfrosch und Fisch, sowie die Ortung beim Hören und Infrarot-Sehen von Schlangen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Theorie multimodaler Integration und deren bionische Realisierung, wobei Prof. van Hemmen z.B. den Kunstfisch Snookie ins Leben gerufen hat.

Professor van Hemmen studierte Physik und Mathematik an der Universität Groningen (NL), wo er 1976 promovierte. Nach einem Jahr als Postdoc am Institut des Hautes Etudes Scientifiques (IHES) in Bures-sur-Yvette, in der direkten Nähe von Paris, war er ein Jahr als Assistant Professor an der Duke University (Durham, NC; USA) tätig, bevor er nach Heidelberg an den SFB 123 (Stochastische Mathematische Modelle) wechselte, wo er 1983 mit seinem Spinglas-Modell in der Physik habilitierte. Das van-Hemmen Modell ist das einzige exakt lösbare Spinglas-Modell, das den drei-dimensionalen Phasen-Übergang mit der korrekten Zahl der ergodischen Zustände unterhalb der kritischen Temperatur sowie das thermodynamische Tieftemperatur-Verhalten richtig beschreibt. Die van Hemmen-Ando Ungleichung aus der Theorie der Operator-Algebren geht ebenfalls auf ihn zurück. Außerdem hat er zusammen mit Andras Sütö (Ung. Akad. d. Wiss.) das Tunneln von Quantenspins umfassend gelöst und dazu deren WKB-Beschreibung entwickelt; beide Begriffe waren vorher nur für Teilchen geklärt und erfolgreich angewandt worden. Von 1990 bis 2015 lehrte Prof. van Hemmen zellulare theoretische Biophysik, insbesondere die der neuronalen Informationsverarbeitung, am Physik Department der TUM. Während dieser Zeit wurde an seinem Lehrstuhl die ganze Bandbreite der neuronalen Informationsverarbeitung auf Basis sorgfältiger Analyse der Biophysik der Wahrnehmung eingehend mathematisch modelliert. Damit einhergehend wurden verschiedene, inzwischen recht bekannte Modelle wie spike-timing-dependent plasticity (STDP) und die der mono- und multimodalen Objektortung und die allgemeine Theorie der Kartenbildung anhand konkreter Beispiele aus verschiedenen Tierarten entwickelt. Professor van Hemmen ist Zweitmitglied der mathematischen Fakultät und Fellow der American Physical Society.

 

Kurzbiographie

1965 - 1976 Studium der Physik, Mathematik und Chemie und Promotion in Theoretischer Physik, Universität Gröningen, Niederlande
1976 - 1977 Visiting Member, Institut des Hautes Etudes Scientifiques, Bures-sur-Yvette, Frankreich
1977 - 1978 Assistant Professor, Duke University, Durham, North Carolina / USA
1978 - 1984 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im SFB 123, Universität Heidelberg
1983  Habilitation, Universität Heidelberg
1984 - 1989 Privatdozent im SFB 123, Universität Heidelberg
1990 - 2015           Ordinarius für Theoretische Biophysik, TU München

 

Mitgliedschaften und Auszeichnungen

Fellow der American Physical Society (seit 1999)

Editor-in-Chief of Biological Cybernetics, Springer-Verlag (2006-2017)

Erläuterungen zu Preisen und Ehrungen finden Sie hier (pdf-Datei zum Herunterladen 251 KB).

 

Schlüsselpublikationen

 van Hemmen JL, Schwartz AB: Population vector code: a geometric universal as actuator. Biol. Cybern. 2008; 98(6): 509-518.

Friedel P, Young BA, van Hemmen JL: Auditory localization of ground-borne vibrations in snakes. Phys. Rev. Lett. 2008; 100(4): 48701/1-4.

Sichert AB, Friedel P, van Hemmen JL: Snake’s perspective on heat: Reconstruction of input using an imperfect detection system. Phys. Rev. Lett. 2006; 97(6): 068105/1-4.

Kempter R, Gerstner W, van Hemmen JL, Hebbian learning and spiking neurons. Phys. Rev. E 1999; 59(4): 4498-4514

Gerstner W, Kempter R, van Hemmen JL, Wagner H: A neuronal learning rule for sub-millisecond temporal coding. Nature 1996; 383: 76-78.